Eine der ersten Reisen nach Kroatien nach dem Krieg brachte uns auf die Insel Rab.Wir hatten uns ein schönes Apartment mit großer Terrasse direkt am Meer gemietet. Da wir uns auf Selbstverpflegung eingestellt hatten, war auch ein Grill im Gepäck. Unser Vermieter, ein netter Schneidermeister in Pension und seine ebenso nette Frau, lebten mit uns im gleichen Haus. Es kam trotz großer Sprachprobleme zu interessanten Unterhaltungen. Stipe - so heißt unser Gastgeber - versuchte jede Frage mit großem Einsatz zu beantworten.
Nun kam die Zeit, da. unser Grill eingesetzt wurde. Ist man am Meer, sollte auch Fisch auf dem Speiseplan stehen. Wo bekommt man die guten Sachen, wenn nicht gerade der Fischer nebenan wohnt? Also wurde eines Abends Stipe gefragt. „Némá probléma“, war die Antwort. Mit Hilfe der Armbanduhr erklärte er uns, dass wir am nächsten Morgen um 6 Uhr vor seiner Haustür warten sollten. Menschenskind! Im Urlaub und so früh aufstehen, aber „wat mut dat mut“ wie der Norddeutsche zu sagen pflegt. Mit Stipe ging es nun in die uns noch nicht bekannte Markthalle der Stadt Rab. Es hat auch seinen Reiz, am frühen morgen in einer Stadt unterwegs zu sein, die sonst von Touristen geprägt ist. Um diese Zeit waren fast nur Einheimische unterwegs. In der Markthalle herrschte ein reges Treiben. Vorwiegend ältere Menschen standen vor wie auch hinter den Ständen und diskutierten über den Preis und die Beschaffenheit der Ware die zum größten Teil aus eigenem Anbau war. Es waren nicht nur Händler von Rab anwesend, sondern auch von der Nachbarinsel Pac, die bekannt ist für ihren köstlichen Käse und vorzüglichen Oliven. Die Düfte von Brot mischten sich mit denen von Kräutern, Gemüse und natürlich Fisch. Unser „Einkaufsberater“ ging langsam zwischen den Verkaufsständen auf und ab und beobachtete dabei das Treiben, bis er ganz zielbewusst einen Fischstand ansteuerte. Auf diesem waren die Früchte des Meeres fein säuberlich aufgebaut. Wir kannten keine davon mit Namen; erst recht nicht in der der Landessprache. Mit einem gezielten Griff zog Stipe die zu unterst liegenden Fische aus einer Kiste hervor, begutachtete sie mit Kennerblick, schaute ihnen in die Augen ob sie auch klar waren, drückte mit dem Finger ins Fleisch und beobachtete dabei wie schnell die Delle sich wieder glättete. Dann wurden noch die Kiemen des Fisches angeschaut. Das alles überzeugte ihn von der Frische der Ware, die dann dem Händler zum Wiegen gegeben wurde. Ein kurzes Feilschen um den Preis - dessen Summe ich dann bezahlen durfte - und wir verließen die Halle. In einem kleinen Bistro in einer Nebenstrasse tranken wir noch einen Kaffee und fuhren zurück. Der Tag verging ganz normal mit sonnen und baden. Zwischendurch kauften wir noch Brot und Wein und damit war für den Grillabend alles beisammen.
Mit im Haus wohnte noch eine sympathische Familie aus Österreich. Mit ihnen hatten wir
uns verabredet, um gemeinsam den Abend zu verbringen. Tische und Stühle wurden zusammengestellt und eingedeckt. Jetzt stellte sich die Frage, wie bekommen wir die Menge Fisch auf den kleinen Grill, um auch alle gleichzeitig zu bewirten. Ein Fisch nahm schon die Hälfte des Grillrostes ein. Apropos Fisch! Wo war er und wer macht in sauber? Der hatte ja noch alles drin was er zum Leben gebraucht hatte. Unsere Gastgeber hatten unsere Aktivitäten bemerkt und schritten, für uns überraschend, selbst zur Tat. In der Zeit in der Stipe am Strand den Fisch ausnahm, zauberte Maria Stipes Frau einen Salat aus dem hauseigenen Garten. Mit frischen Kräutern wurde eine Marinade angerührt, mit der später der Fisch bestrichen wurde. Die Fische waren von ihren Eingeweiden und Schuppen befreit und ein großer Grill wurde befeuert. Dieser Grill hatte kein Rost, sondern eine Gussplatte unter der Holz – keine Holzkohle – angezündet wurde.
Während der Fisch vor sich hin brutzelte, ersetzte Stipe unseren Supermarktwein durch seinen eigenen Hauswein den er ebenso wie den selbst gebrannten Slibovice in seinem Keller aus Fässern in Flaschen abfüllte. Unseren, zugegeben schwachen Protest, wischte er mit seiner eigenen Art und einem Wortschwall, aus dem man mit etwas Aufmerksamkeit „Nix gut, Nix gut“ entnehmen konnte vom Tisch und stellte seine Erzeugnisse auf denselben. Das Essen war einmalig! Die große Runde, der Duft des Fisches, des Weines, der Salat, die frischen Kräuter und zwischendurch immer mal einen Slibovice.
Die Sonne ging unter. Von der Terrasse aus, auf der wir saßen, war es ein wundervoller Anblick. Auf dem Tisch wurden ein paar Kerzen aufgestellt und das Feuer, das unter der Gussplatte immer noch brannte, verbreitete eine so wunderschöne Atmosphäre, dass man sich wünschte, der Abend dürfte nie zu Ende gehen.
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