Ein Arztbesuch im Ausland, speziell im Süden Europas kann leicht zu einem Abenteuer werden. Mit Kindern ist die Gefahr noch größer. So uns geschehen auf der Insel Rab. Beim Toben im Wasser verstauchte sich unser Sohn einen Zeh. Als Erste Hilfe wurde er mit mitgebrachter Sportlersalbe behandelt, man hat ja immer was dabei. Am nächsten Tag, der Zeh hatte mittlerweile die Farbe gewechselt, wurde kurz beraten, ob es nicht besser wäre den Zeh röntgen zu lassen. Das Kind wurde ins Auto gepackt und ab in die Stadt Rab. Rab verfügt über ein medizinisches Center. In dem Haus sind Ärzte unterschiedlicher Bereiche untergebracht. Im Flur konnte man bei offen stehenden Türen das Geschick der einzelnen Doktoren bewundern. Nur bei unserem Sohn lies sich dadurch kein großes Vertrauen zur örtlichen Medizin aufbauen.
Nach kurzem Warten mussten wir in einen Behandlungsraum. Eine junge Ärztin schaute sich den in allen Farben schimmernden Zeh an und beschloss, der muss geröntgt werden. Mit drei Sprachen, Kroatisch, Englisch und Deutsch teilte sie uns mit, dass das Röntgengerät nicht im Hause, sondern in einem Krankenhaus außerhalb der Stadt Rab in Richtung Kampor zu finden ist und da sei heute schon geschlossen. Das konnten wir so nicht akzeptieren und machten uns trotzdem auf den Weg, da wir nicht bereit waren noch einen Tag des kostbaren Urlaubs in irgendwelchen Behandlungsräumen zu verbringen zumal unser Sohn starke Schmerzen hatte, also auf nach Kampor!
Die Insel Rab ist nicht groß und so waren wir schnell am Ziel. Das Ziel war ein sehr großes Grundstück mit einzelnen Häusern, in etwa so, wie bei uns die Kasernen. Der Eingang ein schmiedeeisernes, zweiflügliges Tor das ein bisschen offen stand . Daneben eine besetzte Pförtnerloge, wobei der Pförtner kein großes Interesse an seiner Umwelt hatte. Er beachtete uns gar nicht und auch nicht die Patienten diese Krankenhauses. Es war eine Psychiatrie, wo sich die Insassen an diesem sonnigen Tag mit Schlafanzügen bekleidet, in der parkähnlichen Anlage aufhielten . Wir hatten unser Auto direkt am Tor abgestellt und wurden natürlich sofort als Deutsche identifiziert und auch angesprochen. Was wir wollten war die erste Frage. Wir waren so verdutzt von dieser Situation, dass ich ohne groß zu überlegen nach dem Röntgengerät fragte. Sie wussten wo dieses zu finden sei! Irgendwie war uns auf einmal nicht mehr so wohl bei der Sache. Der teilnahmslose Pförtner, das offen stehende Tor, die Patienten, denen man ihre Krankheitsart ansehen konnte, uns rutschte das Herz ein Stück in die Hose.
Aber da mussten wir nun durch. Eine freundliche Hilfe meinte, dass sie uns für 10.- DM zu dem Röntgengerät bringen würde. Mein Sohn untergehakt und los ging es. Sofort hatten wir eine Traube von Menschen um uns herum, der eine wollte meinen Jungen tragen, natürlich gegen Bares, und so wurden uns die unterschiedlichen Angebote gemacht - zumindest verstanden wir es so. Endlich an dem richtigen Haus angekommen, standen wir im Halbdunklen eines Wartezimmers. Unsere Hilfe wollte nun entlohnt werden, ich hatte noch nicht ganz die Geldbörse aus der Tasche gezogen, da griffen mehrere Hände nach ihr. Nur das entschiedene Auftreten unsererseits lies sie wieder zurück weichen und auf Abstand gehen. Vom Personal war nichts zu sehen. Unser Sohn von der ganzen Situation stark beeindruckt, machte eine sonderbare Genesung durch, man kennt das ja vom Zahnarzt, und meinte wir könnten jetzt wieder fahren, er hätte keine Schmerzen mehr. Die Zeit schien endlos langsam zu vergehen bis jemand kam und uns in einen stark abgedunkelten Raum brachte. Bei Licht besehen war er eine Katastrophe. Das Röntgengerät, an dem hatte Herr Röntgen wahrscheinlich noch selbst geschraubt, im Boden große Löcher mit herausstehenden Schrauben. Dort hatte wohl mal ein anderes medizinisches Gerät gestanden. Aber es half alles nichts, der Zeh musste geröntgt werden. Der Röntgenassistent – ein 2Meter-Mann und fast ebenso breit – sagte kein Wort und war auch sonst ziemlich unfreundlich. Er schob mich und meinen Mann hinter eine Bretterwand, unser Sohn wurde auf den Röntgentisch gehoben und es wurde geröntgt. Das war dann auch schnell geschehen und wir hielten das Bild in den Händen. Der Assistent schrieb eine Quittung aus, wir bezahlten und gaben ein Trinkgeld. Auf einmal erhellte sich sein Gesicht, er lächelte und wünschte uns in einem einwandfreien Deutsch einen angenehmen Tag und noch einen schönen Urlaub. Wir waren perplex! Mein Mann schulterte unseren Sohn und wir traten den Rückzug an. In Begleitung von mindestens 20 Menschen erreichten wir das Tor, das immer noch tapfer vom Pförtner bewacht wurde.
Fazit dieses aufregenden Tages: Der Zeh war nicht gebrochen, nur gestaucht, mit Eis wurde er gekühlt und war nach 2 Tagen wieder einsatzbereit!
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